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Notfall- und Rettungsdienstreform 2026 – was kommt auf uns zu?

Die Reform der Notfallversorgung gehört zu den wichtigsten gesundheitspolitischen Vorhaben der kommenden Jahre. Bereits heute sind große Änderungen in Planung, die ab ~2026 Wirkung entfalten sollen – mit direktem Einfluss auf Rettungsdienste, Leitstellen und Notaufnahmen. In diesem Artikel beleuchten wir die wichtigsten geplanten Neuerungen, Chancen sowie Risiken und was Rettungsdienstorganisationen und Einsatzkräfte wissen sollten.

1. Gesetzesentwurf zur Notfallreform & neue Strukturen

Der Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Notfallversorgung („NotfallGesetz“) sieht vor, dass die Rufnummern 112 (Rettungsdienst) und 116 117 (ärztlicher Bereitschaftsdienst) eng vernetzt und idealerweise hinterlegt zusammengeführt werden. Ziel: Hilfesuchende sollen automatisch in die passende Versorgungsebene geleitet werden.

 

Außerdem sollen Integrierte Notfallzentren (INZ) eingerichtet werden, an denen Notaufnahme, Bereitschaftspraxis und Ersteinschätzung vereint sind. Damit wird eine bessere Steuerung erreicht und eine Entlastung der Notaufnahmen angestrebt. Eine verbindliche Vernetzung der Rettungsleitstellen mit Akutleitstellen der kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) ist vorgesehen, um Doppelstrukturen zu vermeiden. Diese Reformvorschläge sind heute schon in einigen Pilotregionen getestet – mit positiven Effekten auf Wartezeiten und Ressourceneinsatz. 

 

2. Stärkung der Nahtstelle Rettungsdienst – Notaufnahme

Ein Kernpunkt der Reform ist die bessere Verzahnung zwischen Rettungsdienst und Klinik-Notaufnahme. Es geht darum, dass Patienten mit nicht-lebensbedrohlichen Beschwerden zeitnah in alternative Strukturen gelenkt werden – statt automatisch mit dem Rettungswagen in die Notaufnahme.

 

Zudem sollen gezielte Ersteinschätzungen (Triage / Tele-Triage) durch geschulte Fachpersonen oder Systeme stattfinden, um Fehl- und Überversorgung zu reduzieren. Auch die Leitstellen sollen moderner ausgestaltet werden, mit verbesserten Algorithmen zur Priorisierung der Einsätze und künstlicher Intelligenz zur belastbaren Entscheidungshilfe.

 

3. Digitaler Wandel & Telemedizin im Rettungsdienst

Parallel zur strukturellen Reform rücken technologische Entwicklungen stärker in den Fokus. Besonders wichtig:

  • Telenotarzt / Telemedizin: In einigen Bundesländern laufen Pilotprojekte, bei denen Notfallsanitäter mit einem telemedizinisch zugeschalteten Notarzt zusammenarbeiten – etwa um Einsätze zu vermeiden, bei denen kein echter Notfall vorliegt.

  • Elektronische Dokumentation & Telematiksysteme: Echtzeitübermittlung von Patientendaten, Vitalstatistiken und medizinischen Befunden zur Klinik im Vorfeld.

  • KI-gestützte Entscheidungsunterstützung: Vorhersagemodelle zur Priorisierung von Einsätzen, Erkennung von Hochrisikopatienten in der Leitstelle.

  • Grafische Einsatzplanung & Smart Dispatch: Automatisierte Zuordnung von Fahrzeugen, Berücksichtigung von Ressourcen, Verkehrslage, Einsatzschwere.

Diese Technologien sollen ab etwa 2026 deutlich stärker etabliert sein und helfen, die Effizienz und Qualität im Rettungsdienst zu verbessern.

 

4. Finanzen, Personalausstattung & Einsatzzahlen

Mit den Reformen gehen auch finanzielle Anpassungen einher:

  • Die Bundesregierung rechnet damit, dass durch bessere Steuerung und Vermeidung unnötiger Einsätze Ressourcen eingespart werden können, was langfristig kostendämpfend wirken soll.

  • Gleichzeitig müssen Träger und Dienstleister investieren – in Technik, Ausbildung, Digitalisierung und Infrastruktur.

  • Der Rettungsdienst sieht sich einem steigenden Einsatzvolumen gegenüber: Prognosen gehen von bis zu + 50 % mehr Einsätzen in den kommenden Jahren aus.

  • Personeller Engpass bleibt eine große Herausforderung, gerade im ländlichen Raum. Für 2026 ist mit weiterem Druck auf Fachkräftezuwachs und attraktive Arbeitsbedingungen zu rechnen.

5. Chancen & Risiken der Reform für Rettungsdienste

Chancen:

  • Weniger Fehl- und Überversorgung

  • Entlastung von Notaufnahmen

  • Bessere Entscheidungskompetenz schon in der Leitstelle

  • Effizienterer Ressourceneinsatz

  • Attraktive, moderne Arbeitsbedingungen durch Einsatz neuer Technik

Risiken & Stolpersteine:

  • Uneinheitliche Umsetzung in den Ländern

  • Hohe Investitionskosten & Finanzierungslücken

  • Datenschutz & Systeme untereinander kompatibel gestalten

  • Übergangsprobleme und Schulungsbedarf

  • Widerstand gegen Zentralisierung oder Kompetenzverschiebung

Fazit

 

2026 könnte ein Wendepunkt für den deutschen Rettungsdienst werden. Die Kombination aus Reform, Digitalisierung und technologischem Fortschritt birgt große Chancen, aber auch Herausforderungen. Für Rettungsdienstorganisationen, Entscheidungsträger und Einsatzkräfte gilt: frühzeitig planen, mitgestalten und flexibel bleiben.

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